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Herdenschutzhunde in Italien -

der Maremmen Abruzzen Hirtenhund (Maremmano)

  

 Sehr rassetypische Hündin die auf der Straße lebte ...

  

In fast allen Ländern, in denen vor allem Schafe in weitläufigen Gebieten mit ihren Hirten durch freie Landschaften ziehen, werden “Hirtenhunde” zur Begleitung der Herden eingesetzt. Bei der Beurteilung ihrer speziellen Eigenschaften und Verhaltensweisen kommt es darauf an, ob die jeweilige Hunderasse zum Schutz oder zum Treiben der Tiere vorgesehen ist. Arbeitshunde wie beispielsweise (deutsche) Schäferhunde, (Border) Collies, Australian Shepherds und Cattle Dogs sind gezielt dafür selektiert und gezüchtet worden, die Tiere einer Herde zusammenzutreiben und dabei schnell und zuverlässig alle Kommandos des Hirten auszuführen. Die großen und imposanten Herdenschutzhunderassen wie Kuvasz (Ungarn), Kangal (Türkei), Kaukase (Russland) oder Maremmane (Italien) hingegen sollen die Nutztiere zuverlässig vor den Angriffen von Raubtieren und vor Diebstahl zu schützen, die Hunde handeln dabei eigenständig und benötigen keine Kommandos. Es ist wichtig bereits im Grundsatz zu verstehen, dass der – formale! - Gehorsam bei Herdenschutzhunden im Vergleich zu Hüte- bzw. Treibhunden aufgrund ihres ursprünglichen Verwendungszwecks eher schwach ausgeprägt ist. Das hat zunächst einmal überhaupt nichts mit der Bindung des Hundes an seinen Besitzer zu tun sondern mit seiner Bereitschaft zum Ausführen von Kommandos und Kunststücken (wie Sitz, Platz, Bleib …). Herdenschutzhunde, die in einer Familie gehalten werden, müssen die Hausstandsregeln genauso lernen und akzeptieren wie alle anderen Haushunde auch. Sie sind intelligente und gute Beobachter und verstehen Dinge schnell. In den meisten Fällen erfordert die Durchsetzung von Regeln jedoch mehr Konsequenz und Durchhaltevermögen als bei vielen anderen Hunderassen, daher sagt man Herdenschutzhunden meist eine gewisse Dickköpfigkeit nach.  

 

 Ge- und Verbote? Ich kann gerade nicht ...

 

So wie ein Border Collie es liebt seine Familie beim Spaziergang immer wieder zu umkreisen, der Labrador stundenlang Bällchen aus dem Wasser holt, der Dackel ständig im Kaninchenbau verschwindet - so liebt der Herdenschutzhund seinen 24-Stunden-Wachdienst. Er wird diese Aufgabe ohne Rücksicht auf die Tageszeit in aller Regel mit einigem Gebell absolvieren, zumindest aber mehrfach anschlagen, wenn er “Gefahr” vermutet. Die Taktik eines gut sozialisierten Herdenschutzhundes (egal welcher Rasse) liegt primär in der Abschreckung durch eine sehr selbstbewusste Körperhaltung verbunden mit enormer Präsenz, einem lauten Warnbellen und ggfs. auch Knurren. Die Zähne werden in aller Regel nur zur direkten Verteidigung des Territoriums oder des eigenen Lebens eingesetzt, bei kleineren Auseinandersetzungen mit Artgenossen hingegen werden Gewichtsvorteile ausgenutzt (Rempeln, Runterdrücken, Drauflegen). Die meisten Herdenschutzhunde sind sehr darauf bedacht, sich auf keinen Streit einzulassen bei dem sie selbst verletzt werden könnten und taxieren ihr Gegenüber daher vorab sehr sorgfältig. Daher mögen es viele Hunde auch nicht, von jedem Menschen direkt angefasst und jedem Hund beschnüffelt zu werden. Sie fühlen sich auch als reine Beobachter einer Situation wohl, wenn man sie ignoriert und Besucher sowie fremde Hunde beim Spazierengehen weitgehend von ihnen fernhält. Die individuellen Vorstellungen des Herdenschutzhundes von “respektvoller Kommunikation” mittels einer großen Bandbreite minimaler Mimik und Gestik sollten vom Besitzer zweifelsfrei erkannt und interpretiert werden können, um Zwischenfälle zu vermeiden. Im Prinzip ist der Herdenschutzhund ein perfekter Begleiter für Katzenliebhaber, die sich nichts daraus machen, meistens nur der “Dosenöffner” des geliebten Vierbeiners zu sein und mit eigenwilligen Persönlichkeiten umgehen können und möchten.

 

Einordnung in das Rudel

 

 Neben der speziellen Rasse, dem Geschlecht und dem Alter des Herdenschutzhundes spielt auch seine genetische Disposition und seine individuelle Persönlichkeit eine gravierende Rolle für seine Erziehung und den Umgang mit ihm. Die grundsätzliche Haltung gegenüber Menschen, Artgenossen und anderen Tieren wird vornehmlich durch das Verhalten und Umfeld der Elterntiere und sogar Großeltern geprägt. Bei Herdenschutzhunden, deren direkte Vorfahren noch an einer Nutztierherde gearbeitet haben und ansonsten weitgehend sich selbst überlassen waren, spricht man von Hunden aus sogenannten “Arbeitslinien”. Ihr Wach- und Schutztrieb ist meist stärker ausgeprägt, sie sind allgemein eher vorsichtig gegenüber Menschen und misstrauisch gegenüber Fremden, die Welpen “saugen” das Verhalten bereits mit der Muttermilch auf. “Arbeitslose Herdenschutzhunde” hingegen, die mehr Kontakt zu Menschen hatten und bereits seit Generationen als Familienhunde gehalten werden, sind meist sehr gut auf alle Umweltfaktoren sozialisiert und weniger empfindlich was z. B. die Unterschreitung ihrer Individualdistanz oder das Betreten des Grundstücks durch fremde Personen betrifft. Unter den Herdenschutzhunden sind im Vergleich zu anderen Rassen allerdings mehr Persönlichkeiten vertreten, die bereit sind aus eigenem Antrieb heraus die Führung und Verantwortung zu übernehmen. Das ergibt sich ebenfalls aus der ursprünglichen Verwendung. Der individuelle Charakter des Hundes ist aber letztlich entscheidend für seine erfolgreiche Integration in ein bestimmtes familiäres Umfeld. Jeder Hund ist in seinem Verhalten einzigartig und es gilt daher immer sehr sorgfältig und individuell zu beurteilen, ob er zu den möglichen Adoptanten passt oder nicht.

 

 Vertrauen aufbauen, Bindung schaffen ...

 

 Nach meinen eigenen Erfahrungen sind die süditalienischen Maremmanen sowie die zahlreichen “weißen Mischlinge” freundliche und dem Menschen gegenüber zurückhaltende Hunde. Ihr Warnbellen beim Betreten des Geländes oder Zwingers ist unterschiedlich stark ausgeprägt, selbst auf kleinem Raum dulden sie das Betreten ihres Territoriums anstandslos ohne ein Knurren und ziehen sich dann schüchtern zurück. Die meisten Hunde lassen sich nach kurzem Freundschaftsangebot gern streicheln, genießen die Aufmerksamkeit und verhalten sich dem Menschen gegenüber neutral und ausgeglichen, das bedeutet vor allem weder aggressiv noch übertrieben ängstlich. Knurren, Zähne zeigen oder Abwehrschnappen habe ich unter diversen Hunden unterschiedlichen Alters und Geschlechts nicht in einem einzigen Fall erlebt. Bestehende Unsicherheiten wurden von einigen imposanten und unkastrierten Rüden sogar durch ein Herumalbern geschickt “überspielt”, der Angriff auf einen Menschen schien für sie völlig ausgeschlossen zu sein.

 

Fast zirkusreif ...

 

 Die Basisveranlagung des Maremmen-Hirtenhundes zur Verteidigung seines Territoriums in Verbindung mit einer gewissen Schlauheit, seine Familie nach den eigenen Vorstellungen zu manipulieren und erziehen, darf sicher nicht unterschätzt werden. Andererseits ist der Ruf dieser Hunde vielfach schlechter als jede Realität es hergibt und basiert auf Schauermärchen, die vor allem von jenen verbreitet werden, die sich überhaupt nicht mit Hunden auskennen. Mit gesundem Menschenverstand beurteilt kann sich jeder denken, dass ein Herdenschutzhund der (selbst in dünn besiedeltem Gebiet) wahllos Menschen und andere Tiere angreift, wohl nicht lange überleben würde. Einmal eingefangen und in eines der Hundelager verschleppt bedeutet der Aufenthalt dort für diese freiheitsliebenden schönen Tiere ein grausames Schicksal. Sie müssen sich mit vielen anderen Hunden auf engem Raum arrangieren und können ihre Individualdistanz kaum mehr einfordern, in verschlammten Ausläufen voller Ungeziefer verdreckt und verfilzt ihr schönes dichtes Fell und verliert jegliche Schutzfunktion gegen Hitze und Kälte. Unter dem dicken Pelz ist der Ernährungszustand der Hunde kaum einzuschätzen, so verstarb in einem – meinem persönlichen! - Fall ein alter Maremmanenrüde nur wenige Tage vor seiner Ausreise. Als nach dem Scheren nur noch Haut und Knochen zum Vorschein kamen und hunderte von Flöhen und Zecken fast den letzten Tropfen Blut aus dem armen Tier herausgesaugt hatten, war es für ihn bereits zu spät. 

 

 Es bleibt also zu hoffen, dass noch viele dieser wunderschönen “weißen Hunde Italiens” die Herzen liebevoller Familien erobern können und jeder vermittelte Hund seine Familie noch viele Jahre begeistert!  

 

 Er bittet um Hilfe ...

 im Mai 2013, Julia Sieverding